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Geschichte einer Notlandung

Letzte Änderung 2019-04-22. Copyright © 2005-2023 Hans-Georg Michna.

(Alle Zeiten sind Ortszeit, nicht UTC/GMT.)

Vorbemerkung für Piloten und Fachleute: Natürlich weiß ich, dass das Wort Notlandung hier falsch ist. Das war eine Sicherheitslandung, wie sie im Buche steht. Aber dieser Artikel wird weit überwiegend von Nichtfachleuten gelesen, und die kennen den Begriff Sicherheitslandung nicht.


Vorgeschichte

Am 26.4.2005 flog ich morgens um 8:53 Uhr von Augsburg in Richtung Magdeburg ab. Die Wettervorhersage war nicht besonders gut, aber das Wetter in Augsburg war gut, sehr viel besser als vorhergesagt, mit hohen Wolken und einer Bodensicht von über 10 km.

In der Nacht hatte es anhaltend geregnet, aber schon früh am Morgen hatte der Regen aufgehört und frischer, klarer, gesäuberter Luft Platz gemacht.

Das Flugzeug war eine Cessna 172 mit dem Rufzeichen D-EJMR, die dem Fliegerverein München gehört und mit der ich schon früher geflogen war. Sie ist u.a. mit einem Autopiloten ausgestattet, den ich anfangs meist benutzte. Ich hatte das Flugzeug in Augsburg volltanken lassen.

Der Flug war anfangs unproblematisch und wurde erst bei Annäherung an den Thüringer Wald schwieriger wegen leichten Regens und zu geringen Abstands zwischen Wolkenuntergrenze und Bergkämmen.

Nachdem ich in der Nähe von Schweinfurt Süd nicht weiterkommen konnte, unterbrach ich den Flug um 10:35 Uhr dort, um besseres Wetter abzuwarten.

Auf dem Flugplatz hatte ich Gelegenheit, ein aktuelles Wolken-Satellitenbild zu betrachten und sah, dass das Wolkenband, das mir Schwierigkeiten gemacht hatte, sich in östlicher Richtung bewegte und von einem Schönwetterband abgelöst wurde.

Die Beobachtung des Himmels im Freien bestätigte dies genau. Die Wolken zogen nach Osten ab, und ein Schönwetterstreifen näherte sich.

Ich wartete die deutliche Wetterbesserung ab und setzte meinen Flug um 12:29 Uhr fort.

Nachdem ich ohne ernsthafte Probleme bis in die Gegend von Eisenach geflogen war, verschlechterte sich die Wettersituation wider Erwarten erneut. Ich befand mich auf der Südostseite des Thüringer Waldes, teilweise nur 10 km vom Ort Eisenach entfernt, konnte aber den Kamm des Thüringer Waldes nicht überfliegen und Eisenach nicht erreichen. In Richtung Norden kam ich etwa bis neben Eisenach, aber dort versperrten mir tiefliegende Wolken und örtlicher leichter Regen den Weg. Der Regen wäre an sich kein Problem, aber er beeinträchtigt die Sicht zusätzlich so, dass man manche Wolken in Kombination mit dem Regen nicht gut erkennen kann.

Ein Versuch, das Schlechtwettergebiet in Richtung Westen zu verlassen, endete ebenfalls erfolglos, auch wegen tiefer Wolkenbänke. Ich wiederholte alle diese Versuche mehrfach, aber immer ohne Erfolg und musste schließlich den Rückzug nach Süden antreten.

Nun kam die eigentliche Überraschung. Der Weg, auf dem ich von Süden her vor kurzer Zeit noch problemlos hergeflogen war, war nun auch durch Wolken versperrt.

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Meine geräumige Gefängniszelle zwischen den Wolken

Ich hatte ein relativ großes System von Tälern, in dem ich frei und ohne Sichtprobleme herumfliegen konnte, in dem es aber zu allem Unglück keinen Flugplatz gab. So flog ich längere Zeit in meinem Wolkengefängnis auf und ab und hin und her und versuchte die verschiedensten Ausbruchsversuche in den verschiedensten Richtungen, aber immer erfolglos. Schließlich reduzierte ich die Motorleistung auf nahezu das Minimum, um Benzin zu sparen und durch die Verlängerung der Flugzeiten durch die Täler den Stressfaktor etwas zu reduzieren, wobei der Langsamflug allerdings auch das Problem mit sich bringt, dass man mehr Raum für Kurven braucht, weil man die Kurven bei niedriger Geschwindigkeit nur noch weniger steil fliegen kann. Inzwischen begann ich, mir zunächst scherzhaft über einen geeigneten Notlandeplatz Gedanken zu machen, und schaute mir verschiedene Straßen auf diesen Gesichtspunkt hin an.

Die Landung

Nachdem ich das Tälersystem weit über eine Stunde lang in jeder nur erdenklichen Richtung durchkreuzt hatte, beobachtete ich, dass das Wetter allmählich schlechter wurde. Ein dünner Regen begann weiträumig zu fallen, und die Wolken nahmen zu. Mir blieben nur noch zwei Auswege—eine Sicherheitslandung, auch Außenlandung oder volkstümlich Notlandung genannt, oder das Steigen in die Wolken mittels Instrumentenflugs. Da ich kein Instrumenten-Rating habe, nur begrenzte Simulator-Erfahrung, und da das Wetter anscheinend weiträumig so schlecht war, dass ein Motorausfall mit einem sehr hohen Risiko verbunden wäre, entschied ich mich gegen den Instrumentenflug, obwohl der Autopilot ihn erleichtert hätte.

Unter Piloten wäre Notlandung für diese Landung der falsche Begriff. Unter einer Notlandung versteht man in der Fliegersprache eine Landung nach einem Motorausfall. Ich verwende den falschen Begriff hier trotzdem, weil der richtige in der Umgangssprache nicht bekannt ist.

Ich informierte zunächst die Flugsicherheit (Langen Info) über meine Situation, erfragte ihre Telefonnummer, um sie nach der Landung informieren zu können, und suchte nun ernsthaft und intensiv nach einer geeigneten Notlandestelle.

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Suche nach einem Landeplatz

Langen Info wies mir zunächst eine individuelle Transponder-Kennung zu, später die Notfall-Kennung 7700.

Langen Info war äußerst hilfsbereit, hatte aber keine Möglichkeit, mir zu helfen. Ich bedankte mich daher sehr für die Bemühungen, konnte aber nur sagen, dass ich mich jetzt auf die Suche nach dem Landeplatz konzentrieren müsse und daher den Funkverkehr vorerst beendete.

Ich prüfte viele Straßen, Felder und Feldwege und suchte die drei aussichtsreichsten aus. Die Straßen erwiesen sich leider als ungeeignet, weil alle Bäume hatten. Es gelang mir nicht, auch nur ein gerades Stück Straße ohne mindestens einen Baum daneben zu finden. Die Bäume waren oft kleiner, so dass man sie erst im tiefen Vorbeiflug genauer erkennen konnte, aber zu groß, um sie meinen Flügeln zuzumuten. Auf diese Weise verbrauchte die Prüfung der Straßen viel Zeit.

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Engere Wahl

Felder und Äcker gab es sehr viele, aber ich bevorzugte einen Feldweg, wenn ich denn einen finden konnte, weil dort die Befahrbarkeit schon erwiesen ist. Auf Feldern bestehen viele zusätzliche Gefahren wie Unebenheiten oder gar Löcher und weiche Erde. Hier sind Fahrwerksschäden zu befürchten und im schlimmsten Falle ein Überschlagen des Flugzeugs und daher schwere Schäden, ganz zu schweigen von den damit zusammenhängenden Gefahren für Insassen.

So entschied ich mich schließlich für einen Feldweg, der zwar schmal war, aber außer am Anfang und Ende keine Bäume hatte. Er zweigt von der Straße zwischen Ettenhausen und Lindigshof ab, führt leicht bergauf bis zum Waldrand, wo er einen leichten Bogen nach rechts macht. An der Straße sind noch zwei Bäume, aber danach ist der Feldweg bis fast an den Waldrand schnurgerade und baumfrei.

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Die letzten Platzrunden

Ich machte zunächst einen tiefen Überflug, um mir den Feldweg genau anzusehen. Unglücklicherweise waren etwaige Schlaglöcher kaum zu erkennen, weil sie mit Wasser vollgelaufen waren. Die möglichen Schlaglöcher waren aber alle im unteren Teil des Weges, so dass ich zwanglos über die Bäume anfliegen konnte und einen Grund hatte, nicht sehr früh aufsetzen zu müssen.

Ich bin im Landen auf solchen Bahnen geübt, weil ich mich jahrelang in Ostafrika als Buschpilot betätigt habe. Der Feldweg erinnerte mich an den Flugplatz von Kajiado in Kenia, ebenfalls eine Art schmaler Fahrweg.

Da ich noch genügend Benzin und auch Zeit hatte—das Wetter war noch erträglich—konnte ich mir bei der Prüfung des Feldweges Zeit lassen und sogar noch Langen Info mitteilen, was ich vorhatte. Das hatte zwar eigentlich keinen Zweck, aber es hinterließ auf beiden Seiten ein gutes Gefühl. Langen Info konnte hören, dass ich ruhig, planmäßig und überlegt, geradezu entspannt vorging, statt in Panik zu verfallen, und ich hatte das Gefühl, nicht ganz allein gelassen zu sein.

Ich machte einen ersten Landeanflug. Bei diesem Versuch hatte ich die Richtung des Feldweges noch nicht genau ermittelt, flog schräg an und konnte den Anflug im letzten Teil seitlich nicht mehr völlig stabilisieren. Auf einem normalen Runway wäre das überhaupt kein Problem gewesen, aber für diesen schmalen Feldweg brauchte ich einen perfekten Endanflug, also brach ich die Landung ab und flog eine weitere Platzrunde. Durch das kaum beladene, sehr leichte Flugzeug zusätzlich zur genügend hohen Geschwindigkeit war auch der Steigflug vor dem Waldrand unproblematisch.

Ich stellte den Kreiselkompass noch einmal genau ein, merkte mir die genaue Landerichtung (210°) und flog diesmal eine betont präzise Platzrunde. Der Endanflug erfolgte, wie auch schon beim vorigen Versuch, mit voll ausgefahrenen Landeklappen und einer angezeigten Geschwindigkeit von nur 60 kt (111 km/h), wegen des leichten Flugzeugs, der kurzen Landebahn und der windgeschützten Tallage.

Ich flog relativ steil an und konnte schließlich das Gas schon ganz wegnehmen, bevor ich die beiden Bäume überflog. Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob ich nach dem Überfliegen der Bäume kurzzeitig noch ein wenig Gas gab, um geringfügig mehr Zeit zu haben, das Flugzeug präzise aufzusetzen.

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Landung auf dem Feldweg

Die Landung erfolgte wie geplant. Die beiden Haupträder setzten auf den beiden Fahrspuren auf, das Bugrad hielt ich noch etwas hoch, weil ich befürchtete, dass der Mittelstreifen etwas rauher sein könnte.

Ich bremste dann aber scharf, um die kritische Phase auf dem unbekannten Feldweg so weit wie möglich zu verkürzen.

Die Landebahn war problemlos ausreichend lang. Ich konnte am Ende gemütlich ausrollen und mich darüber freuen, dass keine unerwarteten Probleme aufgetreten waren. Eine spätere Messung ergab eine Länge von 547 m zwischen der Kreuzung mit der Straße und meinem ersten Haltepunkt und weitere 149 m bis zum Waldrand, also zusammen eine wegen der Bäume nicht ganz ausnutzbare Länge von 696 m.

In der ersten Halteposition versuchte ich, Langen Info per Funk zu erreichen. Langen Info rief mich etwas später auch über Funk, aber sie konnten mich nicht hören.

Dann machte ich mir Gedanken über eine geeignete Parkposition und sah, dass ich noch ein Stück weiterrollen sollte, bis an den Waldrand. Bevor ich dorthin losrollte, sah ich, dass der Transponder noch abgefragt wurde. Also stellte ich den Transponder zurück auf die Normalkennung 0021, in der Hoffnung, dass die Flugsicherheit ihn noch empfangen konnte und daraus und aus meiner langsamen Bewegung erkennen konnte, dass alles in Ordnung war.

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Die Landebahn, im ersten Bild durch das Teleobjektiv kürzer aussehend

Schließlich begutachtete ich das Flugzeug, das zwar etwas mit Lehm bespritzt, aber nach der sanften Landung unversehrt war. Dann rief ich per Handy erst Langen Info und dann den Taxi-Service von O2, der verblüffend gut funktionierte, obwohl ich nur eine D-Netz-Verbindung hatte (nationales Roaming). Die Zentrale bestimmt zunächst nach meiner Einwilligung (drücken Sie die Raute-Taste) die Position meines Handys und ruft dann automatisch die nächstgelegene Taxi-Zentrale, in diesem Fall Eisenach.

Später bemerkte ich, dass noch ein Stück weiter oben, direkt am Waldrand, eine Art Wendestelle war. Ich ließ den Motor noch einmal an, rollte durch die Biegung bis an den Waldrand und wendete dort das Flugzeug so weit, dass ich aus der Parkposition ohne fremde Hilfe wieder starten konnte. Dann aß ich mein Imbiss-Brot, auf das ich bisher noch keinen Appetit gehabt hatte. Jetzt hatte ich ihn.

Noch bevor das Taxi kam, kam ein Polizeiwagen, später noch ein zweiter. Anscheinend hatten Passanten die Notlandung oder das Flugzeug gesehen und die Polizei angerufen. Die Polizisten waren sehr freundlich und teilten auch meine Freude darüber, dass kein Unfall passiert war. Dann erfüllten sie ihre professionellen Pflichten, registrierten den Vorfall und prüften meinen Personalausweis und meine Pilotenlizenz. Später baten sie mich, sie vor dem Start wieder anzurufen, damit sie den Feldweg absperren konnten.

Hier hat ein Feldweg einen gewissen Vorteil vor einer Straße—die Gefahr einer Kollision mit einem Auto ist schon bei der Landung, aber auch beim Start viel geringer.

Das Hotel

Das Taxi brachte mich in ein Hotel, das einer der Polizisten empfohlen hatte. Es stellte sich als sehr angenehm und unglaublich billig heraus. Ich bezahlte €30 für ein Doppelzimmer, weil anscheinend keine Einzelzimmer mehr frei waren.

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Hotel Sophienaue unter der Wartburg in Eisenach

Besonders nett ausgestaltet war das Restaurant, in dem ich ein kleines Abendessen und am nächsten Morgen ein Frühstück zu mir nahm.

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Hotelfrühstück

Frühstück gab es von 8 bis 10 Uhr, und ich saß schon um 8 Uhr am Frühstückstisch, weil ich so bald wie möglich wieder zum Flugzeug wollte.

Der Start

Noch am Frühstückstisch rief ich den Taxifahrer an, damit er mich wieder zum Flugzeug bringen würde. Er kam auch gleich, ich lud meine Siebensachen wieder ein, und wir fuhren zum Flugzeug zurück.

Im Taxi rief mich die Polizei an und teilte mir mit, dass ich nur mit einer Starterlaubnis des Luftamtes starten dürfe. Ich malte mir die schlimmsten bürokratischen Szenarien aus und rief beim Luftamt an, aber die Leute dort stellten sich als sehr kooperativ und vernünftig und meine Befürchtungen als unnötig heraus. Ich schilderte die Situation genau und erhielt noch am Telefon eine Starterlaubnis, die ich später noch brieflich zugestellt bekommen sollte. Es ist noch nicht alles verloren mit der deutschen Bürokratie. Es gibt auch positive Erfahrungen.

Es ist allerdings etwas unklar, warum ich diese Erlaubnis überhaupt brauchen sollte. Soweit ich die Regulationen kenne, benötigt man für einen solchen unfreiwilligen Außenstart keine Erlaubnis.

Inzwischen hatte ich mir eine Menge Gedanken über den Start gemacht. Zunächst einmal musste ich zwischen einem Start auf demselben Feldweg, auf einem benachbarten Feld oder auf der Straße entscheiden. Die Straße wäre sehr vorteilhaft gewesen, aber bei genauer Betrachtung stellte sie sich wegen zu vieler Straßenbäume als vollkommen ungeeignet heraus.

Den Acker schloss ich nach kurzer Überlegung auch aus. Das benachbarte Feld war frisch gepflügt und dann auch noch zu sehr aufgeweicht.

Also blieb nur noch der Feldweg, der sich ja immerhin schon als geeignet erwiesen hatte. Meine Gedanken kreisten hauptsächlich darum, das Flugzeug genau in der Spur zu halten, was beim Start schwieriger ist als bei der Landung (siehe unten). Aber in der Rückschau auf meine Erfahrungen in Afrika war klar, das ich das kann. Ich beschloss, aus der seitlichen Parkposition zwar sofort loszurollen, um so früh wie möglich auf Geschwindigkeit zu kommen, aber in der folgenden Kurve (siehe Bilder) erst allmählich Vollgas zu geben, immer nur, solange ich das Flugzeug seitlich gut unter Kontrolle behielt.

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Meine Startbahn

Inzwischen waren etliche Leute vorbeigekommen. Eine Reporterin blieb die ganze Zeit bei mir und ließ sich über alle Aspekte informieren. Auch der Fernsehsender MDR rief mich an und wollte ein Interview haben. Ein Fernseh-Interview war mir eher unangenehm, denn schließlich befand ich mich ja nicht gerade in einer rühmlichen Lage. Andererseits fanden die Leute es alle ganz großartig, dass man so ein Flugzeug auf einem Feldweg landen kann.

Aber das Wetter war noch sehr durchwachsen, und einige ziemlich dunkle Wolken zogen vorbei. Die Wettervorhersage hatte eine deutliche Wetterbesserung angekündigt, und so war es wohl besser, noch zu warten.

Ich schritt gemeinsam mit der Reporterin den ganzen Feldweg ab und schaute mir Pfosten, Büsche, Gräben und Pfützen sehr genau an. Die Pfützen stellten sich als harmlos heraus. Sie waren flach und weitgehend mit Schotter gefüllt. Außerdem waren sie fast alle im unteren Teil des Weges, den ich eigentlich schon überfliegen wollte.

Zwischendurch unterhielt ich mich mit Leuten, die immer wieder von der Straße hinauffuhren, weil sie neugierig waren, was das Flugzeug dort machte.

Gegen 11 Uhr war das Wetter so gut geworden, mit Sonnenschein sogar, dass ich mich entschloss, nun zu starten. Ich rief die Polizei an und teilte mit, dass ich gerne gegen 12 Uhr starten würde. Die Polizisten versprachen mir zu kommen.

Nun machte ich das Flugzeug startklar und prüfte es gründlich. Mein Plan stand genau fest, und ich hatte beinahe jede Lenkbewegung durchdacht. Mir war klar, dass man mir einen Unfall bei der Landung vielleicht verziehen hätte, aber niemals beim Start. Wenn ich mir nicht völlig sicher wäre, dass ich das kann, zumindest besser als jeder andere Pilot in Reichweite, dann hätte ich nicht starten dürfen. Daher gab ich mir jede erdenkliche Mühe mit der Planung des Starts.

Mir war klar, dass ich mit 95% Wahrscheinlichkeit losrollen und problemlos starten würde. Also dachte ich hauptsächlich über die restlichen 5% nach, über die nicht planbaren Zwischenfälle, das Restrisiko. Ich plante, was ich in einem solchen Fall tun würde, z.B., wenn ich durch eine heftige Bö oder irgendetwas anderes vom Weg abkommen sollte.

Für diesen Fall hatte ich vor, den Start abzubrechen, solange ich noch nicht sehr schnell rollte. Wenn ich allerdings schon schnell rollen würde und die Flügel bereits einen großen Teil des Flugzeuggewichts trügen, dann hatte ich vor, den Start auf dem Feld rechts neben meiner Startbahn fortzusetzen. Rechts war kein so tiefer Graben wie auf der anderen Seite, wo außerdem noch Pfosten standen. Ich prägte mir ein, dass ich auf gar keinen Fall nach links von der Startbahn abweichen durfte.

Inzwischen rief das MDR-Team wieder an und versuchte, das Interview zeitlich noch zu schaffen. Sie wollten mich etwas später noch einmal anrufen, um zu erfahren, ob ich vielleicht noch nicht gestartet sei. Mir ging der nicht ganz ernste Gedanke durch den Kopf, dass ich jetzt bald starten sollte, um das Interview zu vermeiden.

Leider verschlechterte sich das Wetter nun wieder. Es fing an zu regnen. Andererseits handelte es sich nur um örtliche Schauer. Das Wetter war auf jeden Fall erheblich besser als am Tag meiner Notlandung. Ich wollte aber nicht im Regen starten, weil ich beim Start eine sehr gute Sicht durch die Windschutzscheibe brauchte. Flugzeuge dieser Art haben keine Scheibenwischer.

Pünktlich kurz vor zwölf kam ein Streifenwagen der Polizei mit zwei Polizisten, die sich auch wieder als sehr freundlich und hilfsbereit herausstellten. Drei weitere Autos mit Schaulustigen standen auch schon am Waldrand, und die Leute betrachteten die Situation und das Flugzeug.

Ich bat die Polizisten, den Regenschauer noch abzuwarten und erklärte ihnen meinen Plan für den Start und meinen Vorschlag, wo die Straße abzusperren sei. Mein Grundgedanke war, dass sowohl der Feldweg als auch seine Verlängerung auf der Straße und der Teil der Straße frei sein sollte, den ich bei einem Unfall nach einem missglückten Start über den Acker treffen könnte. Obwohl ein solcher Fall sehr unwahrscheinlich war, wollte ich doch möglichst umsichtig sein.

Ich erklärte, dass ich, sobald das Flugzeug zu rollen beginnt, auch sofort starten würde und dann innerhalb weniger als einer Minute gestartet sein sollte.

Noch während es regnete, kam das MDR-Auto mit einem jungen Reporter, der sofort seine Videokamera aufs Stativ stellte und mit dem Interview begann.

Mein Motiv, das Interview überhaupt zu machen, war nur, die Fernsehzuschauer für das Fliegen zu begeistern, denn meine eigene Rolle bei dem Vorfall war ja eher zwiespältig, und ich wäre damit eigentlich lieber nicht ins Fernsehen gekommen. Ich hoffe, es ist mir gelungen, den einen oder anderen für das Fliegen zu interessieren. Das Interview wurde noch am selben Tage in einer Lokalsendung des MDR um 14 Uhr gesendet.

Dann stieg ich ins Flugzeug und begann mit den letzten Checks vor dem Start. Ich ließ den Motor an und setzte die Checks fort, während der Motor warmlief. Ich wollte für diesen Start einen gut betriebswarmen Motor haben. Ich zog die für den Außen-Check voll ausgefahrenen Landeklappen bis auf 10° wieder ein. Ich wollte diesen Start mit Startklappen machen, weil der Weg leicht abschüssig war, weil die Tragflächen mit den Startklappen etwas früher die Räder entlasten und weil das Flugzeug mit Startklappen höher über die Bäume am Ende des Weges fliegen kann.

Als ich mit dem Start beginnen wollte, sah ich, dass in der Verlängerung des Feldwegs zwei Autos standen und dass bei den beiden Bäumen an der Straße auch noch mindestens zwei Leute standen. Ich versuchte, den Leuten, die in der Nähe des Flugzeugs standen, klarzumachen, dass diese Leute dort weggehen sollten. Als nichts passierte, musste ich den Motor wieder ausschalten und mit den Leuten am Flugzeug sprechen.

Die Reporterin erklärte sich bereit, mit ihrem Auto hinunterzufahren und den Leuten Bescheid zu sagen. Ich sah sie unten mit den Leuten sprechen, aber diese verließen dennoch die Startroute nicht.

Nach kurzer Überlegung konnte ich nur noch vermuten, dass die Leute sich nicht davon abbringen ließen, dort zu stehen, weil sie fälschlicherweise annahmen, dass sie an den Bäumen vor dem Flugzeug sicher seien. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit waren sie das ja auch, aber beim schlimmsten denkbaren Unfall wären sie es nicht.

Andererseits waren sie mehrfach gewarnt worden, und die Polizei war auch zugegen, also beschloss ich, mich nicht länger darum zu kümmern und nun zu starten. Fürs nächste Mal, das es hoffentlich nie geben wird, nahm ich mir vor, den zu sperrenden Bereich noch wesentlich genauer zu beschreiben und vollkommen klar zu machen, wo keine Leute oder Autos stehen sollten.

Ich ließ zum zweiten Mal den Motor an und machte mich wieder startklar. Dann rollte ich los.

Ich fuhr in einer engen Rechtskurve auf den Feldweg und begann sofort zu beschleunigen, aber noch nicht mit Vollgas. Als das Flugzeug gut in der Spur rollte, gab ich schon in der ersten Linkskurve ziemlich viel Gas, merkte aber, dass das Flugzeug nun seitlich ausbrechen wollte, hatte etwas Mühe, es genau in die Spur zu bringen und konnte daher noch nicht Vollgas geben.

Während des Starts überlegte ich noch, ob ich die Füße wie sonst bei Starts ganz herunternehme, um versehentliches Anbremsen zu vermeiden, oder sie ganz hoch auf die Pedale stelle wie bei einer Landung, bei der man stark bremsen können muss. Ich entschied mich dann für einen Kompromiss und nahm die Füße etwa halb hoch, so dass ich bei starken seitlichen Bewegungen auch etwas einseitig anbremsen können hätte. Bremsen stellte sich dann aber als unnötig heraus.

Am Ende der Linkskurve rollte das Flugzeug gut stabilisiert, und ich gab nun Vollgas. Erneut wurde das Flugzeug seitlich etwas instabil und versuchte auszubrechen, was ich aber durch anfangs kräftige Seitenruder-Ausschläge ohne besondere Mühe kompensieren konnte. Eine Sekunde später, als das Flugzeug wie auf Schienen in der Fahrspur rollte, fühlte ich mich in dieser Situation plötzlich wieder wie zu Hause und empfand den Start nun als ziemlich normal, verglichen mit meinen früheren Erfahrungen auf schmalen Busch-Landeplätzen. Ich hatte überhaupt keine ernsthaften Schwierigkeiten, sank sozusagen beruhigt in den Sessel und dachte schon während des Beschleunigens, na prima, das geht ja völlig problemlos!

Der Start verlief genau wie geplant. Nach ca. 250 m verloren die Räder die Bodenhaftung, und ich begann in der ersten Sekunde danach ganz langsam zu steigen, aber dabei auch die Geschwindigkeit zunächst auf 60 kt (111 km/h) zu erhöhen. Dann stieg das Flugzeug rasch weiter, und ich flog bereits in sehr guter Höhe über die Bäume an der Straße.

Ich drehte noch eine Ehrenrunde, winkte den Leuten am Boden zu und setzte dann Kurs auf Eisenach.

Der Grund für diese Flugrichtung war, dass ich bemerkt hatte, dass die linke Tankanzeige auf vollkommen leer stand, während die rechte einen gut halb vollen Tank anzeigte. Ich war nicht vollkommen sicher, ob die Tankanzeige kaputtgegangen war, ob jemand mir in der Nacht Benzin abgelassen hatte, was bei diesen Flügeltanks sehr einfach ist, ob ganz einfach nur das Benzin während der Parkzeit oder während der letzten Flugzeit vor meiner Landung vom linken in den rechten Tank übergelaufen war, was die wahrscheinlichste Erklärung war. Für den Start war das kein Problem, aber für einen Weiterflug nach Magdeburg wäre ein nur viertelvoller Tank nur sehr knapp ausreichend gewesen und hätte nicht genügend Reserve geboten. Ein Problem-Beispiel wäre ein Gewitter genau über dem Zielflugplatz. Dann würde ich eine Reserve brauchen.

Ich überdachte die Situation und stellte fest, dass ich während des Weiterfluges bemerken musste, ob die Tankanzeige in Ordnung war oder nicht. Ich änderte den Kurs und flog nun in Richtung Magdeburg, zumal unweit von meiner jetzigen Position sowieso noch mehrere andere Flugplätze am Wege lagen.

Da ich mir nicht völlig sicher wurde, was mit den Tanks los ist, fragte ich schließlich bei einem nahegelegenen Flugplatz EDCO, Obermehler/Schlotheim, per Funk nach Flugbenzin und landete dann dort zum Volltanken, um das Problem auf diese Weise gänzlich zu lösen. Es zeigte sich, dass die Tankanzeige völlig in Ordnung war, denn sie zeigte nun für beide Tanks voll an. So sollte es sein.

Dann startete ich wieder, stieg auf Reiseflughöhe, schaltete den Autopilot ein und sendete eine SMS mit der Meldung des erfolgreichen Starts nach Hause.

Bei schönem Aprilwetter mit einigen Schauern, die mir erlaubten, das Flugzeug wenigstens teilweise von den Lehmspritzern reinzuwaschen, erreichte ich schließlich mein eigentliches Ziel Magdeburg.

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Am Ziel in Magdeburg

Fazit

Was kann man aus diesem Vorfall lernen? Auf jeden Fall, dass das Wetter in Deutschland tückisch sein kann und dass besonders die Mittelgebirge die hier beschriebene Gefahr bergen.

Heute bin ich klüger, aber aus meinem vorherigen Kenntnisstand war meine Entscheidung für den Flug nicht zu leichtsinnig gewesen. In diesem Fall trafen mehrere ungünstige Faktoren zusammen, die in dieser Gesamtkombination sehr unwahrscheinlich sind. Die Tatsache, dass ich in meiner fast 30-jährigen Fliegerlaufbahn außer in diesem Fall noch nie auch nur annähernd eine Sicherheitslandung nötig gehabt hätte, deutet auch darauf hin. Ebenso deutet die Tatsache, dass ich in einem relativ großen Gebiet die ganze Zeit frei und mit ausreichender Sicht herumfliegen konnte, darauf hin, dass das Wetter zwar grenzwertig, aber im Wesentlichen immer noch nicht zu schlecht zum Fliegen war.

Eine andere Betrachtungsweise ist diese: Wenn ich genau so weitermachen würde wie bisher, dann müsste ich wahrscheinlich in weiteren 30 Jahren (im Jahre 2035) die nächste Notlandung machen. Wahrscheinlich fliegen die Flugzeuge in dieser fernen Zukunft aber schon ohne Pilot.

Es war nur der seltsame Fall eingetreten, dass dieses große Gebiet von einem Wolkenring umgeben war, den ich an keiner Stelle überwinden konnte. Ich habe den Thüringer Wald schon öfter überflogen und kannte bisher nur die Frage, ob es möglich ist oder ob man umkehren muss. Dass das Umkehren auch nicht mehr möglich war, ist eine für mich neue Erfahrung.

Bedauerlicherweise sind die Wettervorhersagen und Berichte nicht verlässlich. Sie tendieren aus verständlichen Gründen zu übermäßiger Vorsicht, aber wie üblich hat so etwas auch eine Kehrseite. Als Pilot lernt man nämlich, dass Wetterbedingungen, die in der Vorhersage sehr schlecht aussehen, tatsächlich unproblematisch sind. Nicht immer natürlich, aber doch oft. Das heißt, dass man sich auf diese Vorhersagen nicht verlassen kann und statt dessen erst im Flug feststellt, dass man meist trotz des Wetters sicher und angenehm fliegen kann und nur selten umkehren muss, was in der Regel auch kein großes Problem ist.

Natürlich werde ich diesen Fall nicht vergessen und bei zukünftigen Flugentscheidungen berücksichtigen. Der Thüringer Wald, die Gegend südlich davon und ähnliche Mittelgebirgsgegenden können solche Fallen enthalten. Aber deswegen nur noch bei blauem Himmel zu fliegen, wäre in Deutschland sicher auch nicht sinnvoll. Das Flugwetter bleibt eine schwierige Ermessensfrage.

Eine andere Lehre aus diesem Vorfall ist, dass eine gut gemachte Sicherheitslandung viel weniger riskant sein kann als ein verzweifelter Versuch, durch zu schlechtes Wetter zu fliegen. Es lohnt sich, sich über die Abwägungen und Methoden einer Sicherheitslandung Gedanken zu machen, so dass man sie sicher durchführen kann, wenn man einmal in eine solche Situation kommen sollte.

Und schließlich habe ich intensiv darüber nachgedacht, ob ich mir ein Instrument Rating zulegen sollte, die Befähigung zum Fliegen ohne Sicht in den Wolken. Oder ob ich wenigstens etwas Instrumentenflug-Training absolvieren sollte, um zu wissen, dass ich das in einem solchen Notfall tatsächlich kann. Schaden kann das sicher nicht, aber das Problem ist, dass man Instrumentenflug nur beherrschen kann, wenn man ihn auch öfter ausübt. Das wiederum ist in einem einmotorigen Flugzeug fragwürdig, weil bei zu tiefer Wolkenuntergrenze das Leben aller Insassen nur noch davon abhängt, dass der Motor nicht ausfällt, und das ist für mich nicht akzeptabel. Das Dilemma ist, dass man bei einer Notlandung ohne laufenden Motor beim Austritt aus einer niedrigen Wolkenuntergrenze kaum genug Zeit hätte, einen geeigneten Landeplatz zu finden und anzusteuern. Ist die Wolkenuntergrenze jedoch nicht niedrig, dann kann man auch gleich unter den Wolken fliegen und braucht keinen Instrumentenflug. Zweimotorige Flugzeuge wiederum liegen außerhalb meiner finanziellen Möglichkeiten. Aber ich denke weiter über diese Fragen nach.

Epilog

Die letzte Überraschung war, dass mir am Freitag, dem 29.4., ein Redakteur von EisenachOnline geschrieben hat, dass es im Nachbardorf, Marksuhl, einen ehemaligen, heute stillgelegten Agrarflugplatz gibt.

Ich habe ihm darauf folgendes geantwortet.

Der ehemalige Agrar-Flugplatz bei Marksuhl, den Sie erwähnen, den ich ja etliche Male überflogen haben muss und der ganz nah bei meinem Landeplatz liegt, ist allerdings eine Überraschung für mich. Es wäre äußerst hilfreich gewesen, wenn ich ihn gekannt hätte. Er steht aber leider nicht in den offiziellen Listen, wie z.B. im Jeppesen Bottlang Airfield Manual, und ist auch auf keiner der aktuellen Flugkarten verzeichnet.

Ich halte das für einen Fehler. Auch nicht mehr benutzte Flugplätze sollten für Notlandezwecke aufgeführt und als normalerweise nicht benutzbar gekennzeichnet werden. Leider ist es aber in diesem Falle nicht so. Möglicherweise ist er aber auch wirklich nicht mehr benutzbar, bebaut oder dergleichen.

Nun werden sie sicher fragen, warum ich diesen Landeplatz nicht gesehen habe. Der Grund ist, dass ein nicht mehr gekennzeichneter Gras-Landeplatz aus der Luft vollkommen unauffällig ist und so aussieht wie jede andere Wiese auch. Man kann ihn nicht erkennen, wenn man nicht vorher schon weiß, wo er ist. Und das grundsätzliche Problem beim Landen auf unbekannten Wiesen ist, dass man die Bodenstruktur aus der Luft nicht erkennen kann. Man sieht keine Furchen, Rinnen oder Löcher und selbst Zäune sind nur schwer zu erkennen. Außerdem musste ich wegen des regnerischen Wetters sumpfige und stark aufgeweichte Stellen befürchten. Daher war ein Feldweg die bessere Wahl. Bei trockenem Wetter wäre ich vielleicht eher auf einer Wiese gelandet.

Sehr bedauerlich—dieser Flugplatz hätte das Restrisiko noch weiter gesenkt.

Übrigens hat auch keiner der Polizisten, Journalisten, Taxifahrer und Zuschauer diesen Landeplatz erwähnt. Ich vermute, er ist allgemein nicht mehr bekannt.

Auf jeden Fall aber vielen Dank für diese Information. Ich werde heute zurückfliegen, dabei die Gegend noch einmal überfliegen, bei wesentlich besserem Wetter, und auch speziell nach diesem Flugplatz schauen.

Ich habe dann beim Rückflug tatsächlich versucht, den Notlandeplatz noch einmal zu überfliegen, um Luftbilder zu machen. Aber nachdem das Wetter besonders am Donnerstag sehr schön gewesen war, war es am Freitag schon wieder so schlecht, dass ich zwar sehr nahe an meinem Landeplatz vorbeikam, ihn aber wieder wegen Wolken und Regens nicht erreichen konnte.

Ich musste sogar schon wieder von meiner geplanten Flugroute abweichen, um Wolkengebieten auszuweichen. Aber das Wetter war doch noch nicht so schlecht wie bei meiner Notlandung, und so wurde ich diesmal wenigstens nicht wieder eingefangen. Ich konnte sogar ein Luftbild von der Wartburg machen.


Die Wartburg

[Nein, ich habe das Flugsperrgebiet um die Wartburg nicht verletzt. Dieses Foto habe ich aus 2,2 km Entfernung mit einem 420 mm Teleobjektiv mit Bildstabilisator gemacht. Habe es zum Spaß sogar nachträglich anhand der GPS-Aufzeichnung nachgeprüft. Das Sperrgebiet ED-R90 hat einen Radius von 1 nm = 1,85 km. Farben und Kontrast sind erheblich nachbehandelt—das Original ist sehr blass und bläulich.]

Schade nur, dass das Licht so schlecht war, keine Sonne, nur blaugraue Wolken über mir. Ich hätte ja lieber meinen Landeplatz aus der Luft fotografiert, aber dort ging es nicht.

Alle anderen Teile meines Rückflugs verliefen bei gutem Wetter und guter Sicht. Ich habe jetzt den Eindruck, dass die Gegend bei Eisenach eine ausgesprochene Schlechtwetterecke ist, die Wolken und Regen magisch anzieht.

Tipps für Piloten

Für Privatpiloten beschreibe ich hier ein paar Buschpiloten-Übungen, die in einer Situation wie der meinigen helfen können. Eine ist natürlich die kurze Landung. Dazu muss man die Endanfluggeschwindigkeit auf das gerade noch sichere Minimum heruntersetzen, unter Berücksichtigung des Flugzeuggewichts, der Windstärke und der Böen. Dann muss man eine Art Flugzeugträgerlandung machen, bei der nach sehr kurzem Heben der Flugzeugnase sofort aufgesetzt wird.

Selbstverständlich muss bei einer solchen Landung das Bugrad schon höher sein als die Haupträder. Wer mit einem Bugrad-Flugzeug eine Dreipunkt-Landung macht, der hat etwas nicht richtig verstanden und war noch erheblich zu schnell. Man sollte daran denken, dass eine höhere Geschwindigkeit den Rollweg überproportional verlängert.

Im Idealfall sollte beim Aufsetzen die Abrisswarnung pfeifen, aber bei einer sehr kurzen Landebahn ist es wichtiger, so früh wie möglich aufzusetzen, damit man die Radbremsen einsetzen und scharf bremsen kann.

Dass man umgekehrt nicht zu langsam werden darf, braucht eigentlich keine Erwähnung. Die beste Notlandung nützt nichts, wenn man dabei wegen eines Strömungsabrisses abstürzt.

Für normale Landungen gilt die Faustformel:

Anfluggeschwindigkeit = Abrissgeschwindigkeit * 1,15 + halber Wind + Böen

Beim Wind zählt allerdings nur die Gegenwind-Komponente, nicht die Seitenwind-Komponente. Und die Böen sind nur der Anteil, der über den Wind hinausgeht. Die Abrissgeschwindigkeit ist die im Handbuch angegebene (Untergrenze des grünen Bereiches auf der Geschwindigkeitsanzeige), multipliziert mit der Wurzel aus dem Gewichtsfaktor. Beispiel mit Näherungsrechnung: Wenn das Flugzeug 10% unter Maximalgewicht ist, dann ist die Abrissgeschwindigkeit etwa die Hälfte davon, also 5%, niedriger.

Nein, das lernt man in keiner deutschen Flugschule. Hier wird eher gelehrt, dass man mit 70 oder sogar 75 kt anfliegen soll, aber das lässt sich schon noch verfeinern. Aber in Deutschland sind die normalen Landebahnen auch einen Kilometer lang und 20 m breit, und dafür braucht man nichts anderes.

Bei einer kurzen Landung sollte man die Formel auch anwenden, aber dann die Geschwindigkeit kurz vor der Landung noch weiter absenken.

Je nach Bedingungen kann man so eine Cessna 172 in weniger als 100 m landen.

Eine andere Übung ist die seitlich präzise Landung und der seitlich präzise Start, den man auf der Mittellinie üben kann, wenn eine solche vorhanden ist. Auf dem Feldweg hatte ich einen Spielraum von nur einem halben Meter. Wenn man das schafft, dann hat man eine weitere Fähigkeit eines Buschpiloten erworben.

Die Landung wird dadurch erschwert, dass man die Linie nicht nur halten, sondern auch bei der Landung treffen muss. Hätte ich beim Feldweg daneben getroffen, dann wäre das möglicherweise schlecht ausgegangen.

Aber auch beim Start gibt es eine Schwierigkeit. Hier läuft der Motor mit Vollgas und zieht heftig nach links. Das muss man mit dem rechten Ruder ausgleichen, aber dadurch entsteht eine neue Schwierigkeit, die es bei der Landung nicht gibt. Das Flugzeug lenkt nicht nur mit dem Seitenruder, sondern auch über Federn mit dem Bugrad. Da auf einem rauhen Feldweg das Bugrad aber eine unregelmäßige Bodenberührung hat und die Wirkungen von Bugrad und Seitenruder nie perfekt übereinstimmen, ist das Flugzeug seitlich instabil und neigt dazu, ständig seitlich leicht zu schlingern. Dem muss man durch rasche, wenn nötig auch ziemlich kräftige Ruderbewegungen entgegenwirken und das Flugzeug entschlossen in der Spur halten.

Man kann das alles gut lernen, wenn man sich nur die Mühe macht. Sie kann sich eines Tages auszahlen.

Hans-Georg Michna

Zeitungsmeldungen

www.thueringer-allgemeine.de

27.04.2005 – MARKSUHL (gdt). Punkt 12.40 Uhr brachte der Pilot der in Nähe des Lindigshofs vorgestern gelandeten Maschine diese wieder in die Höhe. Die Startbahn war der selbe Feldweg, der während der so genannten Sicherheitslandung auch als Landebahn diente. Es sei zu überlegen, diesen Weg für solche Zwecke auszulegen, scherzte Sportflieger Hans-Georg Michna aus dem bayrischen Reinerling.

Die Landung machte sich auf Grund der schlechten Witterung erforderlich. Er habe sich in einem regelrechten Wolkengefängnis befunden und keine andere Möglichkeit gesehen, als nach mehrmaligem Überfliegen des Feldwegs diesen für die Landung zu nutzen. Es war seine erste Notlandung.

Ob er seinen Flug nach Magdeburg fortsetzen konnte, stand in den Morgenstunden noch nicht fest. Zwar seien die Bedingungen besser als am Vortag, dennoch biete der Start ein höheres Risiko als die Landung, sagte der erfahrene Flieger. In Eisenach hatte er Quartier genommen und gestern seine Maschine unversehrt am Waldrand vorgefunden. Allerdings habe sich jemand am Propeller zu schaffen gemacht, was aufgrund der Magnetzündung kreuzgefährlich sei.

Vor dem Start schritt der Mann die Strecke ab und checkte das einmotorige Flugzeug gründlich durch. "Zu 95 Prozent müsste alles klappen", sagte er. Ein Restrisiko sei aber immer vorhanden. Doch der Start verlief perfekt und eine Stunde später landete Michna in Magdeburg. Sicherheitshalber hatte die Polizei nach Erhalt der Starterlaubnis die Straße abgesperrt.

Bereits seit dreißig Jahren widmet sich der gebürtige Babelsberger dem Hobby "über den Wolken". Nachdem er Ende der Siebziger Jahre aus der DDR in die BRD geflohen war, trat er wenig später eine Arbeit in Kenia an. In Afrika erlernte er auch bei einem englischen Piloten das Fliegen, was zu seiner Leidenschaft wurde. Dem versierten Buschflieger kamen seine Erfahrungen bei der Notlandung zugute.

[Anmerkungen: Für einen Zeitungsartikel ist der Text sehr genau und korrekt. Vielen Dank dafür an die Journalistin! Ich habe nur ein paar kleine Präzisierungen. Die Bemerkung, dass der Start schwieriger sei als die Landung, bezog sich nur auf den Aspekt, das Flugzeug in der Spur zu halten, und eventuell darauf, dass ein Unfall bei einem solchen Start eher unverzeihlich wäre als bei einer Notlandung. Insgesamt ist die Landung schwieriger als der Start, besonders, weil man den schmalen Feldweg präzise treffen muss. Meine Bemerkung mit den 95% bezog sich darauf, dass alles genau planmäßig abläuft, nicht, dass es ein Unfallrisiko von 5% gibt. Die 5% Restrisiko enthalten auch einen unfallfreien Startabbruch und einen unfallfreien Start nach einem unfreiwilligen Herunterrollen auf den benachbarten Acker. Das Risiko eines Unfalls war viel kleiner, das Risiko eines schweren Unfalls mit Insassenverletzung war kaum noch abschätzbar winzig. Aus der Sicht eines Buschpiloten war das ja fast ein normaler Start. Hans-Georg Michna]

http://www.flugzeugforum.de/port.php

Sicherheitslandung auf einem Feldweg bei Eisenach

26.04.2005 – Eisenach/MARKSUHL. Eine Sportmaschine vom Typ Cessna C-172 II musste gestern aus Sicherheitsgründen zwischen Lindigshof und Ettenhausen/Suhl landen. Der Pilot hatte auf Grund des schlechten Wetters eine so genannte Außenlandung vorgenommen. In Lindigshof hatte man zunächst nicht mitbekommen, was sich da am Eingang des Ortes ereignete. Dort setzte gegen 15.16 Uhr eine Cessna zur Landung an. Als Landebahn wählte der Pilot einen Ackerweg, was schon einiges Können erfordert, wie Kriminaloberkommissar Christian Hackbart von der Eisenacher Polizei anerkennt. Das Aufsetzen auf dem freien Feld wäre wegen des nassen Wetters wohl nicht möglich gewesen. Immerhin wiegt so ein Flugzeug 1000 Kilo und benötigt schon eine feste Grundlage.

Die Kunde vom geparkten Flieger am Kuhbach sprach sich schnell rum. Und so fuhren Kinder und Jugendliche mit dem Fahrrad an den Waldrand, wo die Maschine ordentlich abgestellt war. Die viersitzige Cessna C-172 II gehört dem Fliegerverein München und befand sich vermutlich auf dem Flug nach Magdeburg. Am Steuer saß Georg M., ein Mitglied des Vereines und erfahrener Pilot mit Flugerfahrungen sowohl in Europa als auch in Afrika, Inhaber einer Computerfirma und Spezialist für Navigationssysteme. Er hatte das Flugzeug angemietet und saß alleine in der Maschine. Das schlechte Wetter machte den Flug nicht gerade leicht. Nach Informationen aus der Münchner Flugschule war die Maschine technisch gut ausgestattet. So verfügte sie über ein GPS-Navigationssystem. Gegenüber der Polizei sagte der Pilot aus, dass besonders die vielen Nebelbänke den Flug erschwerten. Des Weiteren musste ja die Wartburg weiträumig umrundet werden, da dort ein Überflugverbot besteht. Den Rennsteig zu überfliegen, dass wagte der Cessna-Flieger dann doch nicht. Schließlich habe er Sorge gehabt, so laut seiner Aussage, dass der Sprit nicht reicht, wenn er weiter mit dem schlechten Wetter zu tun habe. So entschloss er sich eine genehmigte Außenlandung vorzunehmen, was in solchen Situationen völlig legitim ist.

Für die Polizeibeamten war das gestern schon ein ungewöhnlicher Einsatz. Allerdings wird so ein gelandetes Flugzeug fast wie ein geparktes Auto behandelt. "Der Besitzer bzw. Nutzer muss sich schon selbst kümmern", war am Abend aus der Einsatzzentrale zu erfahren.

Piloten werden immer wieder auf solche Situationen vorbereitet, so Michael Haufe von der Flugschule "Fly Point Flugservice" am Kindel. Michael Haufe bildet selbst Piloten aus und schätzte ein, dass das Wetter gestern nicht gerade ideal war. "Nach Sicht kann man da schon gar nicht fliegen." Hans Forsbach, Chef des Fliegervereins München, nahm in seinem Italienurlaub die Meldung von der Sicherheitslandung mit Erleichterung auf. "Wir hatten in den vergangenen 30 Jahren an unseren sechs Maschinen noch nicht einmal einen Motorausfall oder andere technische Störungen." Wenn es technisch machbar ist, dann steht dem Start nichts im Wege. Bleibt zu hoffen, dass sich die Nebelbänke verzogen haben. Sollte der Start nicht möglich sein, dann müssen die Tragflächen demontiert und der Flieger abtransportiert werden.

Heiko KLEINSCHMITT/Dirk BERNKOFF

http://www.wartburgkreisonline.de/information/news/48,6,5,49/2005.04.27-09988

[Klicken Sie auf den vorstehenden Link, um auch die Fotos zu sehen.]

Mi 27.04.2005 08:53 – Cessna mit Außenlandung

[Foto: Auf diesem Weg landete die Cessna sicher]

Marksuhl - Am Dienstag gegen 15.15 Uhr landete eine Cessna auf einem lang gezogenen Feldweg hinter Lindigshof bei Marksuhl. Der erfahrene Pilot war von Nürnberg nach Magdeburg unterwegs. Beim Überfliegen des Rennsteiges kam er in eine Schlechtwetterfront und anschließend in dichten Nebel. Deshalb entschloss er sich im Interesse der eigenen und der Sicherheit anderer, zum Abbruch des Fluges. Dabei suchte er eine geeignete Landestelle und entschied sich für den Weg hinter Lindigshof. Ohne Probleme brachte er das einmotorige Flugzeug auf die Erde zurück, zum Stehen. An der Maschine entstand kein Schaden. An Bord war nur der Pilot.

Die sogenannte Außenlandung wurde vom Piloten selbst allen zuständigen Stellen gemeldet. Personen kamen nicht zu Schaden. Auch die Polizei war vor Ort.

Am Donnerstag will er den Flug fortsetzen. Der Feldweg reiche für einen sicheren Start aus.

Verschlossen war die Cessna am Waldrand abgestellt worden. (eol/rbr)

[Weitere Bilder: Vergrößern]

V.i.S.d.P.: Rainer Baichler

[Kurz, aber gut bebildert. Nebel gab es jedoch keinen. Hans-Georg Michna]


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